Bianca Baldi

1985

travel scholarship der Hessischen Kulturstiftung 2019/2020:
Marseille / Addis Abeba

Bianca Baldi konzentriert sich in ihrer Arbeit auf Menschen, Orte und Objekte, die nicht im Zentrum der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung stehen. Historische Ereignisse erregen ihr Interesse. Sie entwickelt von dieser Ausgangsbasis mit den Mitteln der Fotografie, des Films und der Rauminstallation eine Ästhetik, die die Komplexität geopolitischer, sozialer und kultureller Zusammenhänge sichtbar macht. Im Fokus ihrer jüngsten künstlerischen Praxis steht die bildliche Repräsentation des italienischen Imperialismus, seiner unsichtbaren Machtstrukturen und ihrer Verstetigung durch die Fortschrittserzählungen westlicher Ideologien.

Fotografien aus privaten und institutionellen Archiven in Äthiopien, die während der italienischen Besatzung in den 1930er Jahren aufgenommen wurden, standen am Beginn ihrer aktuellen Recherche. Über diese historischen Aufnahmen stieß sie auf reale Orte, die sie besuchte, um den vergangenen wie den heutigen Lebensrealitäten nachzuspüren. Die Künstlerin entdeckte einen Baumbestand, den sie für sich als langlebigen Zeugen der kolonialen Gewalt definierte. Das Nachdenken über die Anpassungs- und Überlebensstrategien von Lebewesen ganz allgemein führten Bianca Baldi nach Marseille.

Für ihre Videoarbeit Play-White entstanden am Institut Méditerranéen d’Océanologie Filme über Tintenfische, die zur Tarnung die Musterung und Färbung ihrer Haut an die jeweilige Umgebung anpassen. In diesem Video verknüpft sie die Tieraufnahmen mit Szenen aus dem Roman Passing der amerikanischen Autorin Nella Larsen. Die Protagonistin des Romans, Clare Kendry, steht im Zentrum der Auseinandersetzung um Hautfarbe, Anpassungsstrategien, gesellschaftliche Zugehörigkeit und Partizipation. Der Farbton Sepia verbindet in dem Film die verschiedenen Narrative.

Die während des Stipendiums entstandenen Arbeiten Play-White (Video, 10:45, 2019) und Skin Talk (Seidenfarbe auf Seide, 2019) wurden in der Gruppenausstellung Alias im Ausstellungsraum Netwerk Aalst gezeigt. Für 2020 ist eine Einzelausstellung im Kunstverein Graz geplant.

Bianca Baldi im maecenas-Interview
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